Der Honigdieb von Edith-Reinhilde Raky

 

Der Honigdieb

Ein kleiner Bär saß unter dem großen Apfelbaum und schleckte an einer Honigwabe. Genüßlich rieb er sich den Bauch mit der einen Pfote, mit der anderen hielt er die Honigwabe vor seine Nase und schleckte mit der Zunge den süßen Honig aus ihren sämtlichen Ecken. Ein Bienchen umkreiste seinen Kopf und surrte wütend. 

Wo hast du die Wabe her,“ schimpfte es. „Du hast sie gestohlen! Du Dieb! Gib sie zurück!“

Der Bär schüttelte seinen Kopf. „Spinnst du? Ich hab sie gefunden. Jetzt gehört sie mir!“ Dabei wurde er ganz rot im Gesicht.

Du Lügst,“ brummte die Biene, „ich seh es dir doch an, du bist ja ganz rot geworden um deine Nase.“

Der kleine Bär schaute verschämt zur Seite. „Und jetzt?“ meinte er.

Ich weiß auch nicht,“ surrte die Biene, „ ich weiß jedenfalls nicht, wo ich meine Pollen jetzt ablegen soll. Siehst du, meine Höschen sind voll bis oben hin. Ich muß abladen!“

Ich geb die Wabe zurück, einverstanden?“

Hm, wie willst du das machen? Wenn meine Kolleginnen dich dabei erwischen, geht’s dir an den Kragen, ich meine an die Nase. Die werden dich stechen, aber wie, das kannst du mir glauben!“

Kannst du mir helfen, Bienchen?“

Was krieg ich dafür?“

Du kannst deine Pollenhöschen abstreifen.“

Das kann ich auch so!“

Ok, ich bring dir wunderschöne Blümchen aus dem Katzengarten. Dann kannst du Pollen sammeln, was die Höschen halten!“

Hmmm das ist ein Wort, also komm!“

Die beiden, der kleine Bär und das Bienchen machten sich auf den Weg zum Bienenstock. Dort wartete die Königin schon am Eingang und schnaufte vor Wut, so wie sonst eigentlich keine Biene schnaufen kann.

Was fällt dir ein, du Bär, du! Du hast uns bestohlen. Du hast mir die Wabe mit meinen Eiern gestohlen! Gib sie zurück!“

Uff,“ sagte der Bär, „das tut mir jetzt aber schrecklich leid. Hier ist deine Wabe, aber – sei mir nicht böse, sie ist leer. Ich hab alles aufgegessen.“

W A S ?“ ….. schrie die Bienenkönigin, „was hast du gemacht?“

Verschämt schaute der kleine Bär auf den Boden und hielt der Bienenkönigin die Wabe entgegen. „Sorry, Frau Königin, tut mir wirklich leid,“ murmelte er. „Ich wußte ja nicht daß deine Eier darin liegen. Hmm… die waren aber echt lecker!“

Die Bienenkönigin klatschte wütend in ihre Flügel und im selben Moment kamen die Bienensoldaten aus dem Bienenkorb geflogen und stürzten sich auf den Bären.

Bitte, bitte nicht stechen,“ rief der kleine Bär, nicht in die Nase stechen. Ich tu es auch nie wieder. Großes Bären-Ehrenwort. Ich werde auch ganz viele Blümchen Pflücken und vorbeibringen, wirklich, ich mache es wieder gut!“

Halt!“ rief das kleine Bienchen, das den Bären begleitet hatte. „Bitte bestraft ihn nicht zu hart. Er hat die Wabe doch zurück gebracht. Woher sollte er denn wissen, daß es ausgerechnet die Wabe mit den königlichen Eiern war? Vielleicht zwei, drei Stiche. Die hat er echt verdient, aber bitte, meine Freunde, er bereut doch.“

Ein Bienensoldat konnte es sich nicht verkneifen, wackelte kurz mit seinem Hinterteil und stach zu, volle Kraft, ein, zwei mal in die Nase des Bären.

Der nieste kräftig. „Aua…..“ rief er. „Ich machs nie wieder! Ehrlich! Und ich werd euren Bienenkorb in Zukunft auch bewachen, wenn ihr wollt. Versprochen!“

Die Bienenkönigen, eine kluge und weise Bienenfrau rümpfte ihre Nase und sagte:

Gut, Bär, wir verzeihen dir. Aber solltest du oder deine Kollegen sich noch einmal an unseren Honig heranmachen, garantiere ich für nichts!“ Sie drehte sich um und flog zurück in ihren Bienenkorb.

Die kleine Biene setzte sich auf die Nase des Bären. „Also, du hast es gehört. Leg die Wabe zurück in unseren Korb, damit ich endlich meine Höslein abstreifen kann. Und dann verzieh dich und laß dich am besten nie wieder in unserer Nähe blicken!“

Der Bär tat wie ihm geheißen, legte die Wabe zurück in den Korb und trottete mit gesenktem Kopf von dannen. „Nie wieder Honig“ murmelte er vor sich hin.

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