Es weihnachtet sehr…..

Die Lese- Maus

 

Fröhliches aus dem Katzengarten von Kater Siegfried und

 

seinen Freundenzu Weihnachten 2016

 

aufgeschrieben von Edith-Reinhilde Raky

Pluto hetzte durch den Garten. Die Zunge hing ihm aus dem Hals. Die kleine Maus, die er verfolgte war schnell. Schneller als er, der allerschnellste seiner Zunft im Katzengarten. Er schlug noch ein paar Haken wie er das den Hasen abgeschaut hatte, doch vergebens. Die kleine Maus ging ihm doch glatt durch die Lappen. Der Kater hielt inne, atmete tief durch und schüttelte den Kopf. So etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert. Eigentlich noch nie. Bisher hatte er jede Maus bekommen. Jede! Und wenn es noch so lange dauerte. Doch dieses kleine Tier hatte es in sich. Und schon wieder huschte dieser kleine Wirbelwind an ihm vorbei. Unfassbar. Pluto sprang hoch und hinterher. Nichts. Die kleine Maus verschwand in einem Mauseloch. Pluto setzte sich davor und schnaufte hinein: „Warte, dich krieg ich. Irgendwann mußt du da ja rauskommen. Ich hab Zeit!“

Er angelte mit der Pfote in dem Loch herum und versuchte die Maus zu krallen.

„Ich auch“, piepte es aus dem Loch! „Ich hab auch viel Zeit!“ Die kleine Maus kicherte fröhlich dem Kater entgegen. “Laß es, nimm deine Pfote da weg, sonst beiß ich dir hinein. Du kriegst mich doch nicht!“

„Wieso sprichst du meine Sprache?“ fragte Pluto erstaunt. „Das ist doch ganz ungewöhnlich für eine Maus. Du bist doch eine Maus? Oder? Ich bin doch nicht blind!“ Er schüttelte seinen Kopf.

„Hihi, giffelte die Maus. „Da staunst du, was? Natürlich bin ich eine Maus und zwar eine ganz besondere! Ich kann noch viel mehr als nur die Katzensprache! Wenn du mir versprichst, mich nicht zu fangen und mir nichts zu tun, verrat ich dir, was ich alles kann. Und du wirst staunen! Aber“, hielt die Maus inne, „kann ich dir trauen?“

„Hm“ Pluto schluckte. Einerseits hatte er ja Appetit auf so einen kleinen Happen, aber andererseits, eine Maus, die seine Sprache sprach und die offensichtlich noch mehr zu bieten hatte. „Nun“, sagte er, „komm raus und zeig mal was du so alles drauf hast, dann sehen wir weiter.“

„Nein, du mußt mir erst versprechen, mich nicht anzurühren. Ehrenwort!“

„Großes Kater-Ehrenwort!“

Die kleine Maus kroch aus ihrem Mauseloch und baute sich vor dem Kater auf. Ihre Mäusebrust schwoll an. Den Schwanz um die Pfoten gewickelt, den Kopf nach hinten geworfen begann sie zu singen:

„Ein Schneider fing ne Maus…. ein Schneider fing ne Maus, ne MiMaMausemaus, ein Schneider fing ne Maus“

Pluto fing lauthals an zu lachen. „Das ist ja irre! Kannst du noch was?“

Die Maus klatschte in die Pfoten und tanzte dazu. Pluto hielt sich den Bauch vor lachen. „Sowas hab ich ja noch nie gesehen. Das mußt du unbedingt meinen Geschwistern und Freunden vorführen. Kannst du noch mehr?“

„Ja, sicher. Ich kann lesen.“

„Lesen? So richtig aus Büchern, wie die Menschen das machen? Glaub ich nicht!“

„Doch, ehrlich. Ich weiß auch nicht, wieso ich das kann. Ich konnte es von Anfang an, schon direkt nach meiner Geburt. Meine Mutter und ich lebten in einem großen Haus mit ganz vielen Büchern. Es war warm dort und es gab genügend zu essen. Wir hatten es richtig gut. Abends ging meine Mutter immer in die Küche und holte Brot und Käse. Dann setzten wir uns auf ein Sofa und ich las meiner Mutter Geschichten aus den Büchern vor. Das war eine wunderschöne Zeit.“

„Ja und was ist dann passiert? Warum sitzt du jetzt hier unten in diesem schrecklichen Mausloch? Dort ist es doch dunkel und kalt.“

„Wir sind vertrieben worden aus diesem Haus und meine Mutter ist gestorben. Jetzt bin ich allein. Ganz allein auf der großen weiten Welt, und ich würde so gerne wieder in einem Haus wohnen mit vielen Büchern. Und Freunden! Hast du ein Haus?“

„Klar, ich wohne mit meinen Geschwistern und meinen Freunden in einem großen warmen Haus bei unheimlich netten Menschen. Und die haben gaaanz viele Bücher.“

„Boh, meinst du, ich könnte bei euch wohnen?“

„Hm, das hängt nicht allein von mir ab. Da muß ich erst die anderen fragen. Aber wenn du uns abends vorlesen würdest aus diesen vielen schönen Büchern ließe sich das vielleicht machen. Ich werde das einmal mit den anderen checken. Morgen ist Weihnachten. Vielleicht kann ich sie überreden, mal eine Ausnahme zu machen und eine Maus aufzunehmen. Ich werde jedenfalls ein gutes Wort für dich einlegen. Morgen früh komme ich wieder hierher und sag dir Bescheid.“

Pluto verabschiedete sich und sprang davon. Die Maus kroch zurück in ihr Mauseloch.

„Du bist wohl verrückt geworden, eine Maus in unser Haus einzuladen“, keifte Streifchen. „Du weißt doch, daß Mäuse stinken, wenn man sie nicht direkt auffrisst.“

„Ja das weiß ich auch. Aber das ist eine besondere Maus. Die kann man nicht einfach auffressen. Das ist eine Maus, die unsere Sprache spricht. Eine Maus, die singen und tanzen kann. Eine Maus die lesen kann.“ ereiferte sich Pluto. „Sie hat mir versprochen, uns jeden Abend Geschichten aus den vielen Büchern hier im Haus vorzulesen.“

„Tolle Sache!“ Kater Siegfried war begeistert. „Das Fernsehprogramm ist eh schrecklich langweilig und mal so’n vorgelesener Krimi wär nicht von schlechten Eltern! Noch besser als eines von diesen Hörbüchern aus dem Radio!“

Die Katzen diskutierten noch eine Weile das Für und Wider, und ob man das Haus überhaupt mit einer Lesemaus teilen könnte. Dann stimmten sie schließlich ab. Das Ergebnis war zwei zu eins. Siegfried und Pluto stimmten dafür, Streifchen dagegen. Die Drei gaben sich versöhnlich die Pfoten und gingen schlafen.

Am nächsten Morgen, es war der Weihnachtsmorgen, lief Pluto als erstes zu dem Mäuseloch. Die kleine Maus saß schon davor auf ihrem gepackten Köfferchen. Sie hatte sich einen grauen Mantel angezogen und eine dicke Wollmütze über ihre Ohren gestreift. „Es wird Zeit, daß du kommst.“ rief sie. „Ich hab meine Sachen schon mal zusammengepackt. Laß uns gehen. Es ist kalt und ich friere.“

„Woher wußtest du?“

„Daß ihr mich aufnehmt? War doch klar. Wer läßt sich sowas schon entgehen? Lesungen am heimischen Kaminfeuer!“ kicherte die Maus.

Die beiden liefen rasch zurück zum Haus. Auf der Terrasse war schon alles für den Weihnachtsabend vorbereitet. Die Kissen waren aufgeschüttelt und um den gedeckten Katzentisch gelegt, die roten Kerzen angezündet. Das Weihachtsessen duftete verführerisch. Siegfried und Streifchen begrüßten die kleine Maus freundlich und zeigten ihr ihren Platz. Siegfried lief noch einmal ins Haus. Er brachte ein dickes Buch, legte es auf den Tisch vor die Maus und schlug die erste Seite auf. Die Maus holte ihre Lesebrille aus der Manteltasche und begann zu lesen:

Es begab sich aber zu der Zeit….“

 

Frohe Weihnachten und ein glückliches und gesundes

2017

euer Katzengarten

© edition catpress 2016 Nachdruck und Vervielfältigungnur mit Genehmigung des Verfassers


 
 
 

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